Kunst ___ Sachsen-Anhalt

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Gibt es das: Die Landeskunst?

Kunst ____ Sachsen-Anhalt: gibt es zwischen diesen beiden Elementen eine Verbindung? Und wenn ja, wie sieht sie aus? Zeigt sich die landschaftliche Nähe von Wohnorten auch in der Kunst, die an diesen Wohnorten entsteht? Gibt es gar Übereinstimmungen in der Mentalität, im Lebensgefühl des Sachsen-Anhalters, die sich in den Formen der bildenden Kunst wiederfinden läßt? Wie es oft für die nordfriesischen Inselbewohner, die von Bergen eingeschlossenen Schweizer aus dem Engadin oder die "leichtblütigen" Kalifornier behauptet wird: prägt gar die landschaftliche Beschaffenheit das Temperament?

Sachsen-Anhalt ist ein typisches Bindestrich-Land: zusammengesetzt aus Regionen unterschiedlicher Geschichte, verschiedenartiger religiöser und wirtschaftlicher Prägung. Wenn also die Geschichte möglicherweise im Laufe der Jahrhunderte Mentalitäten entstehen läßt – was als Behauptung so vielversprechend wie als allgemeingültige Regel unbeweisbar ist – dann wird das sich nach den paar Jahren, die dieses Staatsgebilde existiert, wohl kaum ablesen lassen.

Dies alles ist Grund genug, darüber nachzudenken, ob es "Landeskunst" überhaupt gibt. Natürlich ist es einfach, auf die bloß formale Struktur hinzuweisen: ein Landesstipendium wird vom Land gewährt, eine Bundeskegelbahn entspricht Bundesrichtlinien. Und ein Landeskunstmuseum zeigt Kunst in einem Museum, das finanziell vom Land getragen wird. Möglicherweise ist der Vergleich zum Fußball hier hilfreich, obwohl das Thema stark strapaziert ist. Dort gibt es ein differenziert gestaffeltes System von der Kreisklasse bis zur Champions-League. Aber schon fällt auf: es ist kein strenges System. Selbst in der Kreisklasse spielen Ausländer mit. Und auf die Gefahr hin, allzu platt das eine auf das andere zu übertragen: glücklicherweise ist das so, denn ein global betriebenes Spiel profitiert von den Impulsen dieser sportlichen Migranten. Aber bevor hier behauptet wird, daß Deutschland ein Fußball-Einwanderungsland ist, breche ich diese Diskussion ab, denn es geht hier um die Kunst und um Sachsen-Anhalt. Man hat sich – mangels anderweitiger Griffigkeit – dazu verständigt, Kunst als eine Sache zu sehen, in welcher Traditionen und Wirkungen wichtig sind. Es lohnt daher nachzuprüfen, ob und wenn ja woher Impulse in das Land kamen, und wohin sie von hier gingen. Diese Frage in Bezug auf den Naumburger Meister zu stellen, oder Luthers Kampagne zu verfolgen ist ebenso reizvoll wie altbekannt. Interessanter, wo es um die zeitgenössische Kunst geht, stellt sich diese Frage für unser Jahrhundert. Das Bauhaus, Lyonel Feininger, die exportierten oder verbliebenen Formalisten – und vor allem: Gehen heute kulturelle Impulse von diesem Land aus? Empfängt es welche von woanders, und wenn ja, dann wie?

Wenn jemand gegen diese Fragen einwendet, sie gingen sich in die falsche Richtung, weil ihnen ein wirtschaftliches Denkmuster zugrunde liegt, dann ist das gewiß ernst zu nehmen. Aber andererseits haben gerade solche handfest wirtschaftlichen Überlegungen Künstler auch zu Umzügen veranlaßt – ganz zu schweigen von der Frage nach dem kulturellen Klima, das ebenfalls als eine Mangel- oder Überschußwirtschaft an Ideen, Impulsen und Möglichkeiten beschreibbar ist.

Thesenpapier, J. Stahl, 25.10.98

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