"Kleine Handreichungen für den Sprayerlehrling, gegeben von Meistern und Gesellen der Zunft"

Der Sprayer von Zürich rät, sich beim Sprayen Plastikhandschuhe über die Finger zu ziehen, nicht so sehr wegen der Fingerabdrücke, sondern um nicht Farbspuren unter den Nägeln zu behalten. 

Der Aachener Mauermaler weist darauf hin, daß es zweckmäßig sei, den jeweiligen Besitzer der bearbeiteten Gebäude zu kennen. So müsse man wissen, daß Banken und Sparkassen die Werke meist umgehend beseitigen und daß die Mühe des nächtlichen Malers dort nicht angebracht sei. Er empfiehlt für müheloses Arbeiten die Sprühdose. Fotos von den eigenen Werken sowie die Materialien seien am besten bei Freunden aufgehoben, denn auch die Polizei habe eine Sammelmappe „Wandmalereien“ und führe mitunter Hausbesuche durch.

Im Kultfilm „Wild Style“ zeigt sich Lee Quinones, genannt Zorro, bei seinen größeren Arbeiten mit einem Atemschutz. Vor allem bei flächigen Bildern oder Schriftzügen wird wichtig, was auf der Dose steht: „NUR BEI GUTER BELÜFTUNG SPRAYEN“.

Der Sprayer von Moabit betont, daß das Sprayen so etwas ähnliches sei wie das Werfen von Pflastersteinen oder Autos umzukippen. Mit der Betrachtung von der reinen Kunst aus sei es einfach nicht getan.

New Yorker Sprayer bewahren ihre Sprühdüsen oftmals in Verdünnung auf, damit diese sich nicht mit Farbe zusetzen. Die Dosenhersteller raten jedenfalls, die Dose nach Gebrauch auf den Kopf zu stellen und die Düse leerzusprühen.

Vom Münchener Sprayer Emil lesen wir am 10.12.83 im Kölner Stadtanzeiger den Rat, wer gekonnt eine fade Wand beleben wolle, der könne nachts nicht improvisieren. Ohne Skizze in klein würde der Graffito in groß bloß eine Schmiererei.

Eine Frankfurter Sprayerin empfiehlt, über die eigenen Werke eine Firnisschicht aus Wasserglas zu setzen.

Der Sprayer von Zürich hält das für unsinnig. Einerseits sei Wasserglas wasserlöslich und werde so nichts schützen können. Andererseits seien Graffiti nicht für die Ewigkeit bestimmt. Sie seien dem Verfall ausgesetzt wie andere Dinge auch. Es gehöre in ihr Wesen, daß sie früher oder später vom Mensch oder der Natur ausgelöscht würden.

In: Nehmen Sie Dada ernst - es lohnt sich!" Ausst.Kat. Bonn (Bonner Kunstverein) 1984, S. 36.