Klaus Staeck

Er hat es immer wieder fertiggebracht, zu provozieren. Seinen politischen Gegnern aus den verschiedenen konservativen Lagern war die Kritik an der SPD ("Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen"), vor allem aber an der CDU und ihren Repräsentaten stets zu heftig. Daß alles das eingebunden ist in eine ziemlich einzigartig dastehende künstlerische und editorische Konzeption, ist bei allem Streit um die jeweils gerade jüngste Provokation des Klaus Staeck immer wieder in Vergessenheit geraten - und damit ein relativ genaues Abbild der gesellschaftlichen Wertschätzung von ernstgemeinter bildender Kunst heute.

Im Kreis der künstlerischen und kuratorischen Kollegen wiederum ist Klaus Staeck ebenfalls keineswegs unumstritten. Auch wenn er eine schier unendliche Zahl von Ausstellungen seiner Plakate absolviert hat und auch bei renommierten Kunstereignissen wie der Documenta als Künstler eingeladen war, stößt die plakative Bildsprache Staecks immer wieder auf Kritik: zu eindimensional, zu ähnlich wie sein Vorbild John Heartfield, zu stark auf den Effekt ausgerichtet sei sie oder gar schlicht an den Mechanismen der Werbung orientiert. Letztlich markiert eine solche Kritik aber auch einen Mangel in der Kunst der Kollegen wie auch einen Wesenszug, der in Staecks künstlerischer Konzeption verankert ist. Er will mit seiner Kunst wirklich einfach und verständlich sein, er benutzt den Effekt absichtlich und er will auch werben, ganz gemäß dem (nicht von Staeck) als Postkarte verbreiteten Satz seines Freundes (und politischen Gegners) Joseph Beuys: "Ob Werbung Kunst ist, hängt davon ab, wofür sie wirbt."

Staeck unterscheidet recht genau zwischen den benutzten Medien, denkt sie von Ihrer jeweiligen Funktion und Wirkung her. So fällt auf, daß neben den Plakaten und Postkarten, die im Zentrum seiner Arbeit stehen, die limitierten Druckgrafiken oder Objekte eine mitunter viel offenere Form haben und sehr vielschichtige Aussagen treffen. Die Grafik "Wieder zurück" zeigt genau diese Auseinandersetzung. Wiedergegeben ist eine Titelseite des Magazins "TIME" vom April 1970, auf der die am Fallschirm schwebende Kapsel eines Raumschiffs abgebildet ist. Die stark vergrößernde Wiedergabe im Siebdruck läßt das grobe Raster des Offsetdrucks, in dem die Zeitschrift gedruckt war, wie ein abstraktes Muster erscheinen, aus dem sich die Kapsel oder auch die Titelschrift materialisiert. Die drei Fallschirme, an denen die Kapsel hängt, hat Staeck in einem hellen Rotton überdruckt, sodaß sich hier der Eindruck der grobgerasterten Zeitschrift stark ändert. Das entscheidende Element der Arbeit ist jedoch eine Szene aus roten Silhouetten, die das untere Ende der Grafik einnehmen, in wesentlich kleinerem Raster und über die abgebildete Zeitungsseite hinaus bis zum Rand der Grafik gedruckt. Hier kann man Menschen mit Waffen und in Bewegung ausmachen, zu denen die Kapsel langsam hinunterschwebt. "Wieder zurück" ist letztlich ein Historienbild, und es legt Geschichte offen: 1970, als die Kapseln der ersten Menschen vom Mond auf die Erde zurückkehrt, herrscht dort Krieg.

Johannes Stahl, 7/2000

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