Alfonso Hüppi

Handfeste Grundlagenforschung für den Bereich bildender Kunst - so könnte man das Arbeitsfeld von Alfonso Hüppi charakterisieren. Seit dem Beginn seiner künstlerischen Arbeit in den 1960er Jahren beschäftigt sich der "gelernte" Silberschmied und anschließende "Hammerarbeiter" mit den Voraussetzungen von Kunst. Er experimentiert mit Materialien wie Holz und Papier ebenso wie mit grundlegenden Erscheinungsformen bildnerischer Arbeit; dem Baum etwa, dem Gesicht, oder dem Bild selbst.

Austauschprozesse des "Fortnehmens und Hinzufügens" (Hüppi) bestimmen beispielsweise seine Holzreliefs. Flächen sind aufgebrochen; das Positiv-Negativ-Verhältnis macht Spannungen zwischen Raum und Fläche sichtbar. Dabei reduziert Hüppi seine Untersuchungen keinesfalls allein auf die pure Wirkung des Materials, sondern unterstützt und bricht gleichzeitig dessen Wirkung durch eine farbige Malerei, die ihrerseits in das Gefüge des Reliefs eingreift.

Vergleichbare Wirkungen erzeugen Hüppis Arbeiten aus zerknülltem Papier. Hierbei spielen nicht nur die plastischen Volumen eine Rolle, die bei diesem einfachen Schritt in die dritte Dimension entstehen und der reiche Charme armer Materialien, sondern auch die Wechselwirkung zwischen grundlegenden Kategorien künstlerischer Arbeit, dem Bild und der Plastik. Eine besondere Wirkung entsteht hierbei durch die Farben, die das Papier aufweist und die Hüppi durch eine anschließende Bemalung der dreidimensionalen Form wieder verändert. Gleichzeitig zu ihrer Herkunft aus solchen Formungsprozessen spielen die Arbeiten - nicht selten augenzwinkernd - mit figürlichen Anklängen.

Daß bei solchen Prozessen der Malerei und der Zeichnung wichtige, eigenständige Rollen zukommen, liegt auf der Hand. Das malerische Werk Hüppis lotet solche Wirkungen des Reliefs, der Oberfläche oder der Materialität aus. Dabei ist es charakteristisch, daß er diese Fragestellungen gründlich durch alle möglichen Anwendungsbereiche bildender Kunst hindurch verfolgt, von der kleinen Handzeichnung über skulpturale Bilder bis hin zu architekturbezogenen Raumgestaltungen.

Ein seilartig gedrehtes Gebilde aus rosafarbenen und grauen Farbflächen beispielsweise, als Malerei auf Papier, zeigt in dreidimensionaler Illusion die plastische Wirkung, läßt aber andererseits auch Partien des Papiers weiß. Motiv und Malgrund, plastische und malerische Wirkung stützen und ergänzen sich, möglicherweise ähnlich wie die zwei Fäden, die hier in gegenläufiger Bewegung zu einem Seil zusammengedreht erscheinen. Was durch die Symmetrie der Form und die Reduktion der Farben anfangs einfach und überschaubar erschien, wächst beim Annähern und genaueren Betrachten des "Gebildes" zu einer komplexen Wirkung heran.

Johannes Stahl, 11/2002

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