Birgit Antoni

Manchmal muß man die Augen zusammenkneifen. Eben schienen sie noch ein angenehmes Farbenspiel zu sein, jetzt machen die Bilder Birgit Antonis Ernst mit dem Sehen und setzen der Wahrnehmung zu, denn für manchen beginnen die starken Farbkontraste bald zu oszillieren. Was für die bloße Betrachtung schon schwierig ist, gestaltet sich für ein Nachdenken darüber gewiß nicht einfacher - schon gar nicht, wenn die bunte Attraktivität der Arbeiten immer wieder aufs Neue dazu verleitet, hinzuschauen.

Birgit Antoni ist mit ihren Trickfilmen bekannt geworden. Hier spielt die Arbeit in Serien eine ebenso große Rolle wie die Kommunikation verschiedener Farbphasen. Die Filme schöpfen die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit bis an den Rand aus: 24 verschiedene Bilder pro Sekunde überlagern sich und erzeugen einen flirrenden Eindruck. Was in ihren Filmen an das zeitliche Hintereinander gebunden ist, läuft für den Betrachter in den Leinwandbildern und Arbeiten auf Papier gleichzeitig ab: die Zeitdimension des Filmes hat bei den statischen Bildern ihre Entsprechung im individuellen Betrachten und Reagieren. Das Malen und Collagieren bietet gegenüber den technischen Medien vor allem einen Vorteil: das oft a-logische Wechselverhältnis zwischen Regelmäßigkeit und Unregelmäßigkeit erschließt sich in direkter Auseinandersetzung mit dem eigenen Werkprozeß.

Birgit Antoni arbeitet in strenger Weise mit nur wenigen Bildelementen. Form- und Farbkontraste sind ihr Ausgangsmaterial und rufen Serien hervor, in denen sie die Möglichkeiten eines vorgenommenen Grundgedankens systematisch durchspielt. Die lakonischen Titel sind bezeichnend für diese Arbeitsweise: auch wenn ein figürlicher Gegenstand anklingt, markieren die Titel nicht in erster Linie eine tief bedeutungsträchtige Symbolik, sondern weitaus eher Eigenschaften und den Ansatz ihres künstlerischen Interesses.

Die in der Artothek im Bonner Kunstverein vorhandene Arbeit "3 beschwingte Herzen" ist hierfür in vielerlei Hinsicht exemplarisch. Drei in den Grundfarben Rot, Blau und Gelb gehaltene Aquarelle hat Birgit Antoni in Querstreifen zerlegt und wie Lamellen zu einer Collage angeordnet. So sind drei längliche Herzformen entstanden. Diese machen es dem Betrachter nicht leicht, die Farbkontraste in Einklang zu bringen und die drei Herzen als eine jeweils geschlossene Form zu umgrenzen. Vielmehr bearbeitet das Bild massiv die Wahrnehmung, setzt sie richtiggehend in Bewegung. Und schließlich läßt auch die Gliederung in drei flirrende Farbphasen an Bewegung denken, die sich wie in einem Spielautomaten oder auf einer Jalousie vollzieht: drei beschwingte Herzen - und ein wenig Ironie mag auch mitschwingen.

Johannes Stahl 1/95