Seminar

Seit vielen Jahren besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen dem kunsthistorischen Institut der Universität Bonn und dem Bonner Kunstverein, die durch ausgesprochen gute Erfahrungen auf beiden Seiten geprägt ist.


Form der Lehrveranstaltung

Zwei Seminare am Kunsthistorischen Institut der Universität Bonn sollten nun diese Erfahrungen nutzen und eine Ausstellung im Bonner Kunstverein vorbereiten und durchführen. Zeitraum für das Grundlagen- und Sondierungsseminar war das Wintersemester 96/97, während der Realisierungsphase arbeitet ein zweites Seminar im Sommersemester 1997. Als universitärer Rahmen für diese Veranstaltung ist die Form des Hauptseminars notwendig, denn erst in diesem Rahmen setzt die Studienordnung Fähigkeiten zum selbständigen Arbeiten von Seiten der Studierenden voraus und verlangt sie. Grundlage eines solchen Vorhabens ist ein Überblick über die für das jeweilige Thema relevante Kunstszene. Dazu und um eine kunsthistorische Grundlage zu schaffen, sind einleitende Vorträge, Gespräche und kleine Exkursionen nötig. Die darauf aufbauenden Anforderungen umfassen ein wissenschaftliches Referat, das Grundlagen für eine Auswahl von jungen Künstlern durch die Studierenden selbst schafft.

Das zweite Seminar im Sommersemester setzt sich die Realisierung zum Ziel. Aufgaben hier sind die betreuende Begleitung der jeweiligen Künstlerprojekte, Katalogbeiträge, sowie die Realisierung von Teilbereichen der Ausstellung (wie Pressearbeit, praktische Organisation, Katalogredaktion). Gleichzeitig sollte unbedingt eine Reihe von daraus resultierenden Gesprächsabenden, Performances, Konzerten und ähnlichen Veranstaltungen der Vermittlung während der Ausstellung hinzukommen, um das in dieser Form neue und zukunftsweisende Projekt auch in die Öffentlichkeit zu tragen.

Das skizzierte Vorhaben entwickelt einen Modellfall. Es begegnet einem dringenden Bedarf: für das Ausstellen zeitgenössischer Kunst motivierte Kunsthistoriker, die ihre vorhandene wissenschaftliche Kompetenz auch in anschaulicher und wirksamer Weise vermitteln können, sind bislang leider die Ausnahme geblieben.


Gute Erfahrungen

Sitzung eines Proseminares in der Artothek

Seit 1991 finden Proseminare mit dem Untertitel "Übungen im Erfassen und Vermitteln zeitgenössischer Kunst" in der Artothek im Bonner Kunstverein statt. Sie haben die mangels Lehrangebot lückenhaften Kenntnisse zeitgenössischer Kunst bei den Studierenden deutlich verbessert und daneben entscheidend dazu beigetragen, einen kommentierten Bestandskatalog für die Artothek aufzubauen, der vorbildlich für viele Artotheken geworden ist. In den studentischen Aktivitäten sind bislang vier kleine thematische Ausstellungen mit in der Artothek entleihbaren Arbeiten zusammengestellt und außer Haus gezeigt worden.

Gleichzeitig haben PraktikantInnen studienergänzend immer wieder die laufende Vorbereitung großer Ausstellungsprojekte und den praktischen Ablauf des Vermittlungsbetriebs kennengelernt - und gefördert. Gerade von höhersemestrigen Studierenden kamen neben der praktischen Hilfe mitunter Impulse für eigene Veranstaltungen, insbesondere im Bereich der Kunstvermittlung, die auch selbständig umgesetzt wurden und werden.


Modellfall

Mit diesem Vorhaben vergleichbare Ansätze in der kunstwissenschaftlichen Lehre sind bislang mehr als rar. Die Université 2 in Rennes hat mit dem Fachbereich Métier d'Exposition gezielt einen Rahmen abgesteckt und produziert als Studienanforderung und -inhalt in der Tat anspruchsvolle Ausstellungen mit studentischer Kuratorenschaft. Der Ausbildungsgang zum Kulturmanager und der Ausstellungsraum in der Universität Lüneburg sind - ohne den formell verbindlichen Rahmen wie in Rennes - ein zweites Beispiel für eine solche Fusion. Die Stichting de Appel in Amsterdam geht (mit gleichwohl hohen Kosten für die Studierenden) diese Möglichkeit mehr aus der Praxis eines Ausstellungsinstitutes an. Letztlich kann der Bonner Kunstverein selbst auf eine diesbezügliche Pilotveranstaltung in den frühen achtziger Jahren zurückblicken. Gemeinsam mit dem Kunsthistorischen Institut war 1983/84 die Wanderausstellung Nehmen Sie Dada ernst - es lohnt sich produziert worden.
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