Jürgen Th. Wegmann, Bernd Stieghorst, Barbara Hosmann
Ein Kölsches Wunder oder die Entstehung des Vereins "Freunde der artothek" e.V.

Mitte 1993 spitzte sich die Situation um die artothek zu: Der Ausleihbetrieb sollte nach einem Beschluß der Verwaltung in die Zentralbibliothek integriert und die artothek in ihrer bisherigen Form geschlossen werden. Alle Proteste von Kölner Künstlern und kunstinteressierten Bürgern halfen nicht, ebensowenig die Unterstützung der Medien: die Verwaltung begann mit der Auslagerung der Kunstwerke aus der artothek in die Stadtbibliothek.

In dieser Situation, als schon alles entschieden schien, wandten sich einige Kölner Künstler an Ruthilde Bürgers, eine energische und für die Kunst engagierte Kölner Bürgerin, die früher lange Jahre führend in der Gedok tätig war. Frau Bürgers, die sich als Bürgerin im wahrsten Sinne des Wortes verstand, handelte schnell. Mitte November und Anfang Dezember 1993 lud sie jeweils einen Kreis von Künstlern und engagierten Kunstliebhabern ein, um über die Rettung der artothek zu diskutieren. Dies geschah recht heftig, denn es hatte sich genug Frustration und Resignation aufgestaut, vor allem auch bei den Künstlern, deren geplante Ausstellungen abgesagt worden waren.

Die Wellen schlugen hoch, und alle beklagten die Situation, bis Frau Bürgers kurzerhand die Diskussion unterbrach und in der ihr eigenen Art feststellte: "Kinder, so geht das nicht! Wenn wir was von der Verwaltung wollen, müssen wir ihr auch etwas bieten!" Und so wurde die Idee geboren, einen Förderverein zu gründen, der jährlich mindestens DM 30.000,- für den Betrieb der artothek zu Verfügung stellen sollte, und zwar zunächst für die Dauer von vier Jahren.

Am 10. Januar 1994 erfolgte die Gründungsversammlung der Initiative "Rettet die artothek". Die über vierzig Anwesenden, die sofort Förderzusagen von über DM 16.000,- zeichneten, wählten als Sprecher Ruthilde Bürgers, Ellen Keusen, Peter Bach, Wolfgang Tolk und Bernd Stieghorst. Es begann eine emsige Tätigkeit: Briefe an alle betroffenen Institutionen wurden geschrieben, Gespräche mit der Verwaltung, dem Oberstadtdirekor, dem Regierungspräsidenten, den Parteien, den Medien u. a. geführt; kurzum, Frau Bürgers ließ nicht locker, war unermüdlich tätig und riß alle mit. Das kölsche Wunder geschah am 25. Januar 1994 mit der erlösenden Nachricht des Regierungspräsidenten, daß die geplante Neuorganisation der artothek zurückgewiesen sei. Das war die Rettung für die Erhaltung der artothek in ihrer bisherigen Form!

Am 16. März 1994 schlug dann die Geburtsstunde des Vereins "Freunde der artothek Köln". Bei der Gründungsveranstaltung wurden Ruthilde Bürgers, Bernd Stieghorst und Barbara Hosmann in den Vorstand gewählt. Nun galt es, die gemachten Versprechungen einzuhalten und die vielen konstruktiven Verbesserungsvorschläge in die Tat umzusetzen. Dabei stand an erster Stelle die Notwendigkeit, die arg renovierungsbedürftigen Räumlichkeiten der artothek zu sanieren. Die Stadt hatte natürlich kein Geld, und die bisher eingegangenen Beiträge und Spenden des Fördervereins reichten bei weitem nicht aus, das geschätzte Bauvolumen von über DM 200.000,- zu finanzieren. Also mußten Sponsoren gefunden werden, und der artothek und dem jungen Förderverein schlug eine breite Welle der Sympathie und Unterstützung entgegen. Die Spendenbereitschaft der Kölner Bürger und Unternehmen war so groß, daß die Stadt Köln nur weniger als DM 20.000,- zur Renovierung beisteuern mußte.

Unter der Leitung des Innenarchitekturbüros von Birgit Hansen und Stefan Ohlow wurde im denkmalgeschützten "Haus Saalecks" im Innenraum die Struktur der 50er Jahre wiederhergestellt und ein hervorragendes Ambiente für die Präsentation von Kunst geschaffen. Am 25. Oktober 1995 - mit der Videoinstallation des britischen Künstlers Rick Buckley "To call unto those who prey and beg" - konnten die gründlich renovierten Räume wiedereröffnet werden. Was noch ein Jahr vorher in seiner Existenz bedroht war, erstrahlte jetzt in neuem Glanz. Leider erlebte Ruthilde Bürgers die Wiedereröffnung nicht mehr, und nach ihrem Tod wurde Jürgen Th. Wegmann in den Vorstand gewählt.

Zur gleichen Zeit wurden von der ehemaligen Kulturdezernentin, Kathinka Dittrich van Weringh, die für die erfolgreiche Zukunft der artothek wichtigen Weichen gestellt: die artothek wurde aus der Stadtbibliothek herausgelöst und zum 1.1.1996 organisatorisch an das Kölnische Stadtmuseum angebunden. Der Erfolg beflügelte den Förderverein, es wurden viele neue Mitglieder gewonnen, und es konnten weitere Aufgaben in Angriff genommen werden. So ist der Verein seit 1994 regelmäßig jedes Jahr mit einem Informationsstand auf der art Cologne vertreten, er hat mit organisatorischer und finanzieller Unterstützung wesentlich an der Herausgabe des "Kunstadressbuch Köln 1997" mitgewirkt und notwendige organisatorische Investitionen der artothek finanziert.

Vieles bleibt noch zu tun, so zum Beispiel eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit und die Erschließung neuer Zielgruppen zur nachhaltigen Ausweitung der Ausleihe, der Aufbau einer EDV-gestützten Organisation, die Renovierung der Sozialräume und die weitere grundsätzliche Förderung der artothek als nicht kommerzielles Forum für zeitgenössische Kunst und Künstler. Zur Finanzierung dieser Aufgaben brachte der Förderverein 1997 zum ersten Mal eine Jahresgabe heraus, den Siebdruck des Kölner Künstlers Raimund Girke "Auflösung/Verdichtung". Und so konnte nicht zuletzt aus dem Erlös dieser Jahresgabe das Buch mitfinanziert werden, das Sie gerade lesen!

Jürgen Th. Wegmann, Bernd Stieghorst, Barbara Hosmann "Freunde der artothek Köln" e.V. 1998

Mit freundlicher Genehmigung der AutorInnen entnommen aus:
artothek 1973 - 1998. Hg. v. "Freunde der artothek Köln", Köln 1998.